Die große Unbekannte

Artikel erschienen in: IHK WirtschaftsFORUM 02.20 (S. 26 – 27)

Ein im Rahmen der Nachfolgeplanung oft übersehenes Modell zur erheblichen Ersparnis von Schenkungssteuern und zur Vermeidung von Haftung ist die Güterstandsschaukel. Dieses Gestaltungsmodell ist auch von den Finanzgerichten anerkannt.

Die Güterstandsschaukel eignet sich vor allem für Eheleute, bei denen einer der Ehegatten im Laufe der Ehe sehr viel mehr Vermögen angesammelt hat als der andere. Dies ist sehr oft bei Unternehmerfamilien der Fall. Sofern diese Ehegatten keinen Ehevertrag geschlossen haben, leben sie im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Dieser bringt, gerade wenn sich im Laufe der Ehe insbesondere bei nur einem Ehegatten sehr viel Vermögen angesammelt hat, eine Reihe von Nachteilen.

Vermögensverschiebung zu Lebzeiten

So kann dieses ungleichmäßig verteilte Vermögen beim Tod desjenigen Ehegatten, der den wesentlich höheren Vermögensanteil hat, zu einer erheblichen Erbschaftssteuerlast des überlebenden Ehegatten führen. Diese Steuerlast – aber auch eine etwaige Haftung des vermögenderen Ehegatten zu Lebzeiten – lässt sich durch eine Vermögensverschiebung zu Lebzeiten verringern. Normalerweise finden solche Verschiebungen durch Schenkungen (des vermögenderen Ehegatten an den weniger vermögenden Ehegatten) statt. Diese führen jedoch wiederum zu hohen Schenkungssteuerbelastungen. All dies kann durch die Güterstandsschaukel verhindert werden.

Doppelter Güterstandswechsel

Hierbei handelt sich um einen doppelten Güterstandswechsel. Dabei wechselt ein Unternehmerehepaar durch notariell beurkundeten Ehevertrag zunächst vom gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft in den Güterstand der Gütertrennung. Dieser Vorgang wird auch als Hinschaukeln bezeichnet. Dadurch wird die Zugewinngemeinschaft beendet – und es entsteht ein gesetzlicher Anspruch des weniger vermögenden Ehegatten auf Ausgleich des Zugewinns. Erfüllt der ausgleichsverpflichtete, vermögendere Ehegatte diesen Anspruch durch Zahlung des errechneten Geldbetrages, so unterliegt diese Zahlung nicht der Schenkungssteuer, da es sich nach § 5 Abs. 2 Erbschaftssteuergesetz nicht um einen Erwerb im Sinne der §§ 3, 7 ErbStG handelt.

Dieser Vermögensausgleich ist also keine Schenkung, sondern ein schenkungssteuerfreies Entgelt. Zu beachten ist dabei allerdings, dass der Zugewinnausgleichsanspruch ein Geldanspruch ist. Will der Unternehmer diesen Geldanspruch nun alternativ nicht nur in bar, sondern auch durch Übertragung von Sachwerten (wie beispielsweise Immobilien) erfüllen, so ist dies zwar möglich, bedarf jedoch einer vorherigen Überprüfung. Denn diese alternative Übertragung stellt ertragsteuerlich (nicht schenkungssteuerlich) einen Veräußerungsvorgang dar, der zu einer Ertragsbesteuerung führen kann. Dies kann im Rahmen einer sorgfältigen Gestaltung vermieden werden.

Zurück zum Ausgangsgüterstand

Nach diesem Hinschaukeln befindet sich das Unternehmerpaar sodann im Güterstand der Gütertrennung. Da dieser Güterstand jedoch aus verschiedenen Gründen unvorteilhafter ist als die Zugewinngemeinschaft, wird durch eine weitere notariell zu beurkundende ehevertragliche Regelung die Rückkehr in den gesetzlichen Güterstand, also in den Güterstand der Zugewinngemeinschaft, vereinbart. Diese Rückkehr wird auch als Herschaukeln bezeichnet. Daher auch der Name Schaukel: Die Eheleute schaukeln erst von einem Güterstand in den anderen nach vorn und dann wieder zurück in den Ausgangsgüterstand.

Diese Methode ist von den Finanzgerichten anerkannt, da grundsätzlich jedes Ehepaar die Möglichkeit hat, seinen Güterstand frei zu wählen und zu ändern. Dies hat auch der Bundesfinanzhof in einem Urteil aus dem Jahre 2005 bestätigt. Zu beachten ist, dass die Güterstandsschaukel unter Heranziehung weiterer Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs darüber hinaus auch geeignet ist, steuerpflichtige Schenkungen, die im Laufe der Ehe zwischen den Ehegatten bereits stattgefunden haben, unter bestimmten Umständen gegebenenfalls im Nachhinein noch schenkungssteuerfrei zu stellen. Dies gilt beispielsweise in den Fällen, in denen der vermögendere Ehegatte während der Ehe zahlreiche Immobilien erworben und allein finanziert hat, diese Immobilien jedoch jeweils zur Hälfte auf beide Ehegatten im Grundbuch eingetragen sind.

Eine Überlegung wert

Die sorgfältige Gestaltung der Güterstandsschaukel ist jedoch essenziell. Es ist darauf zu achten, dass die Gestaltungsbefugnis nicht überspannt wird, beispielsweise durch eine überhöhte Ausgleichsforderung oder durch eine sittenwidrige Absicht der Benachteiligung von Gläubigern, etwa wenn Haftungsansprüche gegen den Unternehmer schon im Raum stehen. Alles in allem ist es die große Unbekannte durchaus wert, in die Gestaltungsüberlegungen im Rahmen der Vermögensverteilung bei der Nachfolge mit einbezogen zu werden.

Die Vorteile

  • Vermögensausgleich unter Ehegatten ohne Anfall von Schenkungsteuern
  • Haftungsbegrenzung im Einzelfall
  • Reparatur von schenkung- steuerpflichtigen Vorgängen unter Ehegatten in der Vergangenheit