Teil 1: Gefahr der Kürzung der Steuererleichterungen des Grunderwerbsteuergesetzes ab dem 01.01.2024 durch das MoPeG

Dringender Handlungsbedarf oder doch noch ein Licht am Ende des Tunnels

I. Ausgangslage

 

Zum 01.01.2024 tritt das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (kurz: MoPeG) in Kraft. Dieses Gesetz setzt nunmehr die Rechtsprechung des BGH aus dem Jahre 2001 um und verleiht der Personengesellschaft – kurz gesagt – eine eigene Rechtspersönlichkeit. Bislang galt gesellschaftsrechtlich das Transparenzprinzip; das bedeutete, dass bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) die Gesellschafter in gesamthänderischer Bindung Eigentümer der Vermögensgegenstände waren und nicht die GbR selbst. Dies wird nun anders. Diese sogenannte „Gesamthänderische Bindung“ oder auch die „Gesamthand“, die bislang im Gesetz in § 718 BGB verankert war, wird abgeschafft. Das bedeutet der Gesellschafter verliert die Eigentümerstellung.

II. Auswirkungen

Dies hat verschiedenste Folgen. Es führt nicht nur dazu, dass nun ein neues Register (sog. Gesellschaftsregister) eingeführt wird, das für Immobilien GbR´s einen faktischen Eintragungszwang bedeutet. Die Abschaffung der Gesamthand hat – betrachtet man zunächst allein den Regierungsentwurf des „Wachstumschancengesetzes“ von Ende August 2023 – auch erhebliche Auswirkungen in steuerlicher Hinsicht, namentlich beim Grunderwerbsteuergesetz. Das Grunderwerbsteuergesetz sieht bislang in §§ 5, 6 und 7 Steuerbefreiungen für die Übertragung von Immobilien vom individuellen Eigentümer auf eine GbR sowie von der GbR auf die individuelle Person vor; ferner unter bestimmten Voraussetzungen auch von einer GbR auf eine andere GbR. Dabei wird im Gesetzeswortlaut dieser Vorschriften regelmäßig auf den Begriff der Gesamthand rekurriert. So heißt es beispielsweise in § 5 Absatz 1 GrEStG:

„(1) Geht ein Grundstück von mehreren Miteigentümern auf eine Gesamthand (Gemeinschaft zur gesamten Hand) über, so wird die Steuer nicht erhoben, soweit der Anteil des einzelnen am Vermögen der Gesamthand Beteiligten seinem Bruchteil am Grundstück entspricht.“

Wie oben bereits dargestellt, entfällt nun allerdings nach dem MoPeG der Begriff der „Gesamthand“.

Dieser Umstand wurde nun vom Gesetzgeber (wenn auch sehr versteckt) aufgegriffen. Liest man nämlich die Gesetzesbegründung im Regierungsentwurf zum Wachstumschancengesetz zum Grunderwerbsteuergesetz, so findet man auf Seite 263 den lapidaren Satz:

  • § 5 (1, 2), 6 (3) + 7 (2) GrEStG laufen ab 1.1.2024 ins Leere….

In der Konsequenz würde das bedeuten, dass die Steuerbefreiungen ab dem 01.01.2024 nicht mehr anwendbar sind.

Das wäre gelinde gesagt für sehr viele Bereiche und Gestaltungen katastrophal. Jegliche Neuordnung von Unternehmensstrukturen mit Immobilen beispielsweise

  • zur sinnvollen Gestaltung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung,
  • zur Neugestaltung einer betrieblichen Struktur unter Übertragung von Anteilen
  • zur Nachfolgeplanung unter Gründung einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft unter Einbringung von Grundstücken
  • zur Vorbereitung von Börsengängen

und vieles mehr, wäre plötzlich grunderwerbsteuerpflichtig und damit teilweise nicht mehr finanzierbar. Dies käme einer verdeckten Steuererhöhung und auch einer Verfestigung von Strukturen gleich.

Die 1. Lesung des Wachstumschancengesetzes ist am 12.10., die nächsten Lesungen sollen am 17.11. stattfinden und dem Bundesrat soll das Gesetz am 15.12. vorgelegt werden. Bislang hat der Gesetzgeber noch keine Anstalten gemacht, trotz der deutlichen Kritik Klarheit in diese Angelegenheit der Frage der Steuerbefreiungen nach dem Grunderwerbsteuergesetz zu bringen. Nach dem vorliegenden Wortlaut steht zu befürchten, dass §§ 5,6, und 7 ab 01.01.2024 so nicht mehr anwendbar sind.

Vor diesem Hintergrund ist Handlungsbedarf noch in diesem Jahr geboten.

III. Kleines Licht am Ende des Tunnels?

Allerdings ist nun am 29.09. an anderer gesetzgebender Stelle eine vollkommen andere Aussage ins Feld geführt worden, die der Aussage im Wachstumschancengesetz widerspricht.

Der federführende Finanzausschuss und der Wirtschaftsausschuss hat nämlich dem Bundesrat im Zusammenhang mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2523 des Rates zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung und weiterer Begleitmaßnahmen

empfohlen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu

nehmen: 

Weitere Änderung der Abgabenordnung

  • 39 Absatz 2 Nummer 2 der Abgabenordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober

2002 (BGBI. S. 3866, 2003 1 S. 61), die zuletzt durch [ … ] geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:

,,2. Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand oder einer rechtsfähigen Personengesellschaft zustehen, werden den Beteiligten oder Gesellschaftern anteilig zugerechnet, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist. Rechtsfähige Personengesellschaften gelten für Zwecke der Ertragsbesteuerung und der Grunderwerbsteuer als  Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen.“

Es empfiehlt sich hierzu die Gesetzesbegründung in der Bundesrat Drucksache 365/1/23 vom 19.09.2023 zu lesen. Hierin wird ausgeführt:

  • Dass eine Anpassung an das MoPeG erforderlich ist
  • Mit der neuen Vorschrift des § 39 AO für alle grunderwerbsteuerrechtlichen Vorschriften sichergestellt wird, dass die bisherige Rechtslage für Personengesellschaften (§§ 5,6, 7 GrEStG) – ungeachtet des MoPeG – übergangslos fortgeführt wird
  • Dass die Systemimmanenten Begünstigungen wie bisher dem zivilrechtlichen Umstand Rechnung tragen, dass die Personengesellschaft zwar rechtsfähig, aber eben kein Rechtssubjekt ist. Die vermögensrechtliche Abschirmwirkung gegenüber den Beteiligten sei im Übrigen weiterhin unvollständig ausgeprägt (Haftung), was grunderwerbsteuerrechtlich die quotale Nichterhebung auch wie bisher rechtfertigt. Zudem bestünden weiterhin Unterschiede zum Beispiel im Bereich der Geschäftsführung und Vertretung.

Damit wären die §§ 5, 6 und 7 GrEStG weiterhin anwendbar.

IV. Fazit

Bislang ist jedoch noch unklar, wie diese vorgenannten Widersprüche aufgelöst werden. Das Risiko des Wegfalls der Steuerbefreiung  ist daher noch nicht endgültig vom Tisch. Ab dem 01.01.2024 wird nach Verabschiedung des Wachstumschancengesetzes mutmaßlich zunächst Unsicherheit herrschen. Da die Situation noch nicht sicher geklärt ist, ist daher zu empfehlen, dass Gestaltungen, die Übertragungen von Immobilen unter Beteiligung vor Personengesellschaften vorsehen, vorgezogen werden und noch in diesem Jahr erfolgen sollten.

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